Das musste es sein. Dieser nebelige Hauch von nichts. Nur zu sehen, wenn man nicht genau mit dem Auge hinsieht. Diese Technik wird beim Blick durchs Fernrohr als „indirektes Sehen“ bezeichnet. „Ob das heute was wird?“ Dachte ich mir. Der Mond stand noch hoch am Himmel, obwohl noch eher als schmale Sichel. Das unser Trabant den Himmel erhellte, erleichterte das Beobachten nicht gerade. Obwohl ich tolles Lichtsammelgerät eingebaut habe – meine Augen – können sie eins nicht: das gesammelte Licht eines schwachen Objekts addieren. Meine Kamera kann es. Sie ist sogar gekühlt – auf frostige Minus 20 Grad. Das Objekt ist schwach. Die Balkenspiralgalaxie Messier 109. Es gehört mit 9,8 Magnituden zu den schwächsten Objekten, die der Kometenjäger Charles Messier verzeichnet hat. Entdeckt und in seinen Katalog eingetragen hat er sie am 12.März 1781. Am Rohbild war nur das Zentrum der Galaxie und ein sehr schwacher Ring rundherum zu sehen. Die Galaxie befindet sich beim vorderen „Rad“ des großen Wagens, ein Stern mit Namen Phecda, sehr im Norden gelegen. Die an einen griechischen Buchstaben erinnernde Galaxie ist ein besonders schönes Exemplar des Typs SB(rs)bc. Das „S“ steht für Spiralgalaxie. Das „B“ in der Bezeichnung steht für Balken. Gemeint ist damit der Streifen, der durch das Zentrum verläuft. Auch unsere Milchstraße besitzt so einen Balken, wenn auch nicht so ausgeprägt. Woraus besteht er? Aus dem gleichen Material wie die Galaxie. Staub, Gas und Sterne. Dieses Material wird hier Richtung Zentrum transportiert und bildet dort riesige Sternhaufen mit Millionen Sonnenmassen und supermassive schwarze Löcher, mit bis zu einigen Milliarden Sonnenmassen. Fast jede Galaxie beherbergt solch ein Schwerkraftmonster. Schwarze Löcher sind die Saatkeime von Galaxien. Ohne Galaxien keine Sonnensysteme. Ohne Sonnensysteme keine Menschen. Also, ohne schwarzen Löcher keine Menschen. Das Licht, das meine Kamera auffängt, ist uralt. 50 Millionen Jahre. Damals kollidierte Indien mit der asiatischen Platte, der Himalaya wurde gebildet. Und die Alpen wurden geboren. Also sehr altes Licht. Der Durchmesser der Galaxie ist ähnlich unserer Milchstraße. 110.000 Lichtjahre. Galaxien sind sehr soziale Wesen. Sie schweben meist als Gemeinschaft durchs ansonsten so leere Universum. Tatsächlich gibt es noch um die 80 Galaxien, welche die M109 Galaxiengruppe bevölkern. Wenn ihr das nächste Mal euren Blick in Richtung des großen Wagens richtet, denkt daran. Es sind hier nicht nur wunderschöne helle Sterne wohnhaft. Hinter diesen Sternen der Milchstraße reisen noch in unvorstellbarer Entfernung kleine, unscheinbare Wölkchen. Eigenständige Welteninseln. Eigene Universen. Aufgenommen im Februar 2023 mit einem C11 Teleskop und einer ASI 2600MC Kamera